Künstliche Intelligenz im klinischen Alltag - KI-Entwicklung im regulatorischen Umfeld

Der Einsatz von intelligenter Software kann die medizinische Versorgung von Patienten und Patientinnen in Krankenhäusern grundlegend verbessern. Besonders bei der Anamnesestellung und der Diagnostik sind umfangreiche Entlastungen zu erwarten. Im Gegensatz zu den bisherigen Softwareprogrammen, die regelmäßig zertifizierten Updates unterliegen, ist eine KI selbstlernend und deshalb nicht immer auf Updates angewiesen. Es sei denn, eine Optimierung des Modells wird notwendig.

Angesichts der Tatsache, dass KI-Methoden im medizinischen Umfeld noch keine Standardverfahren sind, stellt sich die dringende Frage: ‚Wie soll die KI-Software, die sich regelmäßig selbst verbessern kann, den regulatorischen Anforderungen genügen?‘

KI-Methoden sind im medizinischen Umfeld noch keine Standardverfahren

Bisher legten Anwender ihre Anforderungen an eine Software im Vorfeld rein funktional orientiert und detailliert zusammen mit den Entwicklern fest. Im Vergleich dazu bestehen KI-Algorithmen aus antrainiertem Lernen mit vorhandenen Daten. Anschließende Tests und Evaluierungen versetzen die KI-Software in die Lage, auch für neue, unbekannte und zukünftige Daten die gewünschten Erkenntnisse zu liefern. Das setzt einen intensiven Lernprozess und eine große Menge an Daten und / oder Bildern voraus. 

Deep Learning: treffsicher wie ein menschliches Gehirn

Besonders aussichtsreich für zahlreiche Anwendungen in der Medizin ist das Deep Learning, ein Teilbereich des Machine Learnings. FUSE-AI, ein Hamburger Start-up, entwickelt in Zusammenarbeit mit mehreren Kooperationspartnern ein Assistenzsystem zur Diagnose von Prostatakrebs in der Magnetresonanztomographie (MRT). Das erste Modul, das die Prostata segmentiert, wird schon im kooperierenden Kantonsspital Aarau (Schweiz) getestet und steht vor der Zulassung als Medizinprodukt. 

Am Beispiel von MRT-Aufnahmen wird deutlich, welche Vorteile die KI bietet: Nicht nur die Zielorgane werden detailliert identifiziert, auch Bildqualitätsunterschiede werden von neuronalen Netzwerken eigenständig erkannt und auf neue Bilder angewandt. 

Regulatorische Anforderungen sind eine Herausforderung

Europa steckt mitten in der Übergangsphase von der MDD Richtlinie (Medical Device Directive 93/42/EWG) zum MDR Gesetz (Medical Device Regulation 2017/745), das auch Software-Entwicklung und die zugehörigen klinischen evaluierten Daten deutlich stärker in den Fokus nimmt. Diese anspruchsvollen regulatorischen Anforderungen bilden den gesetzlichen Rahmen für die Zulassung als Medizinprodukt. Um die Daten-, Leistungs- und Patientensicherheit zu gewährleisten, gelten diese Regularien nicht nur für klassische Medizingeräte, sondern auch für medizinische Software als eigenständiges Medizinprodukt.

Wie Software-Entwicklung in diesem Umfeld funktionieren kann

Prostatakrebs ist die häufigste Krebsart bei Männern und im Frühstadium besonders schwer zu diagnostizieren. Die multiparametrische MRT (mpMRT) ist zurzeit die beste bildgebende Methode, aber in der Auswertung sehr arbeitsintensiv. Die Aufnahmen der gesamten Prostata werden allein durch den geschulten, analogen Blick von Radiologinnen und Radiologen aufmerksam und hochkonzentriert nach karzinomverdächtigen Arealen durchsucht. Eine auf Dauer ermüdende, zeitaufwändige und durchaus auch fehleranfällige Routinearbeit, die eine automatische KI-basierte Segmentierung zuverlässig unterstützen kann.

FUSE-AI und die Kooperationspartner wenden dafür eine agile Softwareentwicklung an. Agile Methoden ermöglichen jederzeit ein Anpassen der laufenden Entwicklung, wodurch die KI so nutzerfreundlich und intuitiv wie möglich direkt an die Bedürfnisse des Kunden angepasst wird.

Außerdem lassen sich Qualitäts- und Risikomanagement, Risikoanalyse, Erklärung der ‚Best-Practices Software-Engineering‘ und regulatorische Dokumentation am besten mit der agilen Methode bewältigen. Deshalb ist man sich bei FUSE-AI sicher, dass gerade die mehrfach zyklisch angewandten Methoden während des gesamten Entwicklungsprozesses entscheidend dazu beitragen, die Anforderungen an medizinische Software zu erfüllen.

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Matthias Steffen von FUSE-AI wurde ins Transfer Council von KI SIGS berufen

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KI - das neue Normal?